22. Oktober 2019
22. Oktober 2019
sam

Die Macht der Mitte

Hallo, liebe Freunde des geschriebenen Schmutzes, ich entsende einen schneidigen Gruß aus der grauen Mitte, jenem unheimlichen und menschenleeren Ort, irgendwo zwischen Schwarz und Weiß, an dem ich so gerne einsam herumsitze und Whisky trinke.

Wenn man sowas wie ein Unrechtsbewusstsein hat, sich ein wenig für die Welt interessiert und aufmerksam umsieht, dann mag einen manchmal ein Gefühl der Ohnmacht beschleichen, eine gewisse Resignation darüber, dass man alleine nichts ändern kann und das, wenn man doch ein paar Menschen mobilisiert bekommt, auch das egal ist, weil die da oben schlussendlich doch ohnehin machen, was sie wollen.

Man kennt das, ne?

Nur, dass das Problem meiner Meinung nach folgendes ist - die einzigen, die davon profitieren, dass wir glauben, wir könnten denen da oben in unserer Ohnmacht nichts anhaben, sind jene da oben selbst.

Wenn ich auf Facebook oder Instagram die Weltretter sehe, dann sehe ich immer nur ohnmächtigen Zorn, das Bild einer vom Untergang bedrohten Menschheit, die zu doof ist, sich selbst zu schützen und zu schwach ist, sich gegen die da oben zu wehren - eine Art hysterischer Ohnmacht, die sich wie ein roter Faden durch alles zieht.

Ein paar Beispiele:

Identitäre Kulturschützer sehen das Abendland von den barbarischen Horden, die gleich Gog und Magog aus den düstersten Schatten des gottlosesten Ostens kriechen, überrannt werden und sagen ein dunkles Zeitalter für den ganzen Planeten voraus. Das alles kalkuliert von einer skrupellosen Machtelite, die ihr unzufriedenes Wahlvolk einfach durch ein neues austauscht, um die Macht zu erhalten, nicht begreifend in ihrer blinden Gier, dass die Neuankömmlinge sie irgendwann genauso hinwegspülen werden, wie alle anderen.

Umweltschützer sehen uns alle am Plastik ersticken, einen Planeten, auf dem 70% von Wasser bedeckt sind, 30% von Land und 80% von Müll. Vorangetrieben wird das durch skrupellose Firmen, deren diabolische Vorstände den schnellen Euro einem Planeten vorziehen, der binnen einer Generation einfach aussterben könnte, weil das weltweite biologische Netzwerk unter den Müllbergen kippt und kollabiert.

Klimaschützer sehen die Pole abschmelzen, uns alle absaufen und Flüchtlingsströme ungeahnten Ausmaßes in die letzten bewohnbaren Winkel der Erde ziehen. Fleißig befeuert wird dies durch zwielichtige Lobbyisten, die zwielichtigen Politikern im Zwielicht zwielichtiger Büros Honig ums Maul und Geld auf den Bauch schmieren, ohne zu ahnen, dass auch sie auf einem gefluteten Planeten ziemlich am Arsch sind.

Für die Linke bewegen wir uns straight auf eine Diktatur der Konzerne zu, in eine Welt in der wir nur noch Konsumdrohnen sind, als Kinder wertlos bis wir beginnen zu produzieren und wertlos, wenn wir im Alter wieder damit aufhören. Es zeichnet sich längst ab in Ultrakonzernen, wie Procter & Gamble, Nestlé, Dr. Oetker, Google und Facebook; eine vorgetäuschte Wahl zwischen vorgegebenen Alternativen - doch in der Konsequenz eine vollständige Gehirnkontrolle durch das Kapital, bis wir nur noch agierende Maschinenwesen ohne jede Menschlichkeit sind.

Prepper, die Apokalyptiker von heute, sehen einen weltweiten Krieg um die letzten Rohstoffe auf uns zukommen, einhergehend mit dem völligen Zusammenbruch der Gesellschaft. Sie legen Wasservorräte an, bauen sich Bunker in ihre Gärten, bewaffnen sich und harren des baldigen Endes. Und dieses Ende wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, solange die Gesellschaft aus willfährigen und blinden Idioten besteht, die selbstsüchtige Wahnsinnige in Positionen wählen, die mit dem Zugriff auf atomare Waffenarsenale einhergehen.

So viele Gruppen sehen so viele unausweichliche Enden auf sich zukommen und alle eint das Gefühl der Ohnmacht. Jede von ihnen sieht böse Möchte, unsichtbar, unbekämpfbar, Hand in Hand mit der Apokalypse ihre schändlichen Pläne vorantreiben, geschützt von der korrupten Politik und getragen durch die Masse eines völlig gedankenkontrollierten Volksviehs, welches in seiner viehischen Dummheit das Verbrechen erst möglich macht. Eine Herde Schafe, die nur dann eine Chance hätte, wenn sie geschlossen eine Front einnähme und gemeinsam den Bonzen und Manipulatoren den Krieg erklären würde. Was folgt ist Frust.

Ach, wenn man sie doch bloß aufwecken könnte, sie irgendwie umerziehen, ihnen mit drastischen Bildern und unanfechtbaren Statistiken klarmachen, dass die den Untergang alles guten befürworten und dem Bösen zur Macht verhelfen. Warum müssen sie denn alle so unendlich dumm sein? Ihnen muss doch klar sein, dass wir dem Untergang geweiht sind, wenn sie die Dinge nicht endlich genau so sehen wie ich?

Ihr merkt vielleicht jetzt schon wohin es führt (*hämischesgrinsen*) - ich halte das für eine falsche Grundannahme und eben diese falsche Grundannahme für eines der eigentlichen Probleme.

Schwarz und Weiß.

Die Menschen verfallen in ein apokalyptisches Denken, sehen sich in der vordersten Schlachtreihe des letzten Gefechtes. Hier gibt es nur noch dafür oder dagegen, gut oder böse, ganz oder gar nicht. Wir sind aber nicht alle eins, wir haben alle unsere eigene Vorstellung der Apokalypse und dort, wo sich kein ganzer Konsens findet, dort gibt es der Logik des Untergangs nach gar keinen.

Folgen wir den unberechenbaren Windungen des Whiskys, der durch meine Hand schreibt und kommen zu etwas völlig anderem.

Zensur. Ein großer Teil dieses Ohnmachtsempfindens spiegelt sich im Internet in der Unterstellung der Zensur wider; in der Behauptung, dass man nicht mehr sagen dürfe, was wahr sei. Ich muss zugeben, dass mir das nicht einleuchtet. Wieso lese ich in einem zensierten Netzwerk soviel über zu unrecht zensiertes? Wieso werde ich, einmal angefangen, von Informationen geradezu überflutet, die man in unserer vermeintlichen Meinungsdiktatur ja gar nicht verbreiten dürfe?

Wieso kann sich trotz der völligen Überwachung des Internets denn dann ja doch wieder jeder so äußern, wie er will?

Überall reden irgendwelche Menschen von „Zensur“. Das ist völliger Bullshit; schon alleine dadurch, dass von Zensur geredet werden darf. Wenn Leute, die sich mundtot gemacht fühlen, polemisch Verbindungen zu Zensurpraktiken ziehen, dann sei ihnen das gegönnt, denn, wie ich letztens in einer Kolumne in irgendeinem Computer Magazin las, das ist zwar Blödsinn, aber von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Dennoch - das Gegenteil ist der Fall.

Ja, okay; mit diesem grässlichen NetzDG haben wir ganz eindeutig einen Schritt in die falsche Richtung gemacht. Fakt ist jedoch, dass die Meinungsfreiheit im Netz hierdurch nicht wirklich spürbar eingebrochen ist. Fakt ist auch, dass, wenn ich mich an anderer Stelle über die CIA oder dergleichen auslasse, Wörter wie Terror, und vergleichbares verwende, ja, am Ende gar eine globale Mitschuld der Terrorisierten postuliere, niemand meine Beiträge löscht. Ich stelle mir gerne vor, wie irgendwo an irgendeinem Rechner bei der NSA irgendwas aufblinkt, irgendwer den Google Übersetzer drüberjagt, denkt „Ach so. Nur son digitaler Wichtigtuer, der meint den Leuten die Welt erklären zu müssen - und dann auch noch aus Deutschland“ und es wegklickt.

Und das verrückteste ist: unser deutsches Gesellschaftsmodell drückt uns allen die Selbstverpflichtung auf, eine Zwangsgebühr zu entrichten, mit der ich umfassend über jene ach so zensierten Machenschaften informiert werde. Wenn ich weiß, dass die Lebensmittelindustrie uns an allen Ecken und Enden verarscht, dass das Essen mit Kacke gepanscht ist und Biosiegel für gewöhnlich Beschiss sind, dann weiß ich das nicht von geheimen Ökopartisanen, sondern aus dem Gebührenfernsehen. Wenn ich weiß, dass deutsche Geheimdienste in schwer verdächtiger Art und Weise in die ganze NSU Sache verstrickt sind, dann nicht von verfolgten Whistleblowern, sondern aus dem Staatsfernsehen, ebenso wie es keine antisemitischen Hetzer im Internet braucht, um auf ein überaus bedenkliches Verhältnis zwischen Militär und „freier“ Presse im immer nationalistischer auftretenden Israel hinzuweisen - davor warnt mich schon das links-grün versiffte Lügenpresse-Flaggschiff, Zapp, im NDR. Die Amis führen ihren illegalen Drohnenkrieg in Afrika aus Süddeutschland heraus? Systemfernsehen. Der BND hat Waffendeals mit Terroristen eingefädelt? Lügenpresse. Die westorientierte Revolution in der Ukraine fand kurz vor der Aufnahme des Landes in den russischen Freihandelsraum statt, unterstützt von Geldern aus christsozialen Stiftungen und teilweise getragen durch ziemlich undemokratische und gewaltbereite Gruppierungen? Staatsfunk. Während jeder WM wird, ignoriert durch die stolze Fußballnation Deutschland, eine Gehaltserhöhung für Politiker beschlossen? Systempresse. Während wir alle uns über TTIP empören, schließt die Regierung mit weiten Teilen Südostafrikas ein Freihandelsabkommen ab, dass es in quasikolonialer Abhängigkeit an uns bindet? Ratet, woher ich das weiß - richtig. Kurz; unser ach so zusammenzensiertes System zwingt uns für Informationen zu bezahlen, für die jene böswilligen Schattenregierungen, denen wir insgeheim eigentlich unterstehen sicherlich keinen Cent hergäben um sie ans Licht zu fördern und öffentlich zu verbreiten. Und obgleich sie ja so mächtig sind, schreiten sie nicht ein.

Denn, und jetzt kommt’s:

Für die ist es voll egal, ob wir wissen, was irgendwo auf der Welt verbrecherisches angerichtet wird. Es ist egal, dass wir wissen was passiert, wissen wo es passiert und wissen wer schuld ist. Es zeigt uns ja nur, dass die da oben offensichtlich machen können, was sie wollen; es zeigt, dass wir völlig ohnmächtig sind. Ohnmacht bringt Menschen dazu aufzugeben oder sich zu radikalisieren. Beides ist super. Die, die aufgegeben haben, sind leicht zu kontrollieren und jene, die sich radikalisieren, isolieren sich zugleich auch gesellschaftlich, verlieren also einerseits an Relevanz für die öffentliche Willensbildung und rechtfertigen andererseits den Ausbau staatlicher Repressionen, mit denen sich wiederum alle gut kontrollieren lassen. Von den Rändern, von den Radikalen und den Extremisten geht meiner Überzeugung nach keinerlei Gefahr für die Pfeiler der Macht aus, ganz im Gegenteil sind sie deren fester Bestandteil.

Das was die Leute fälschlich als Zensur bezeichnen ist nichts weiter als die hysterische Intoleranz einer ständig vom Untergang bedrohten Gesellschaft. Jeder von uns weiß, woran die Welt zugrunde geht und kennt den einzigen Weg ins Heil und jeder, der das anders sieht ist entweder dumm verblendet oder ein böswilliger Manipulator der dunklen Seite. Beide, ob dumm oder böse, sind Teil des Problems und daher direkt zu bekämpfen. Deshalb können wir Ihnen nicht zuhören, dürfen ihnen keinen Raum einräumen, sondern müssen sie niederbürsten, wo immer wir sie treffen - es geht um nichts geringeres als die Rettung der Welt. Angesichts des drohenden Niedergangs bleibt eine entscheidende Sache auf der Strecke - die Höflichkeit.

Echt jetzt?

Ausgerechnet dieser Schmutzfink kommt jetzt mit (iiihbah!) political correctness? Jup.

Aber das ist doch ein Schimpfwort?

Jup.

Ich zitiere aus einem ganz wunderbaren Buch von einem Thomas Bauer, das letztes Jahr im Reclam Verlag erschienen ist, Name - Die Vereindeutigung der Welt:

„Ein frühes Opfer dieser Entwicklung [womit er eine andere meint als ich] ist die Höflichkeit, jene Form der Kultiviertheit, die menschliches Zusammenleben erst erträglich macht, heute aber oft als political correctness diffamiert wird.“ Wobei er sich mit der Kultiviertheit auf folgenden vorangegangenen Satz bezieht: „Authentisch ist der Mensch offensichtlich nur dann, wenn er sein Inneres, seine vermeintlich unverfälschte Natur, ungefiltert nach außen stülpt. Und das bedeutet letztlich: Authentizität ist das Gegenteil von Kultur. Kultur, die cultura, sprich »Anpflanzung, Pflege«, ist das, was die Menschen aus dem Rohmaterial der Natur machen. Folglich ist der Mensch als Kulturwesen nie völlig identisch mit sich selbst als Naturwesen.“

Political correctness ist keine Beleidigung, keine Zivilisationskrankheit, sondern eine kulturevolutionäre Errungenschaft, die das friedliche Zusammenleben unfassbar vieler Menschen mit unterschiedlichen Ansichten erst ermöglicht. Höflichkeit und Anstand im Umgang miteinander sind keine Zensur, sondern eine Kunstform, die zu beherrschen unsere Gesellschaft erst möglich macht. Man kann nämlich auch höflich widersprechen und sich an Umgangsformen halten und dennoch zum Ausdruck bringen, dass man sein Gegenüber für grundsätzlich und in allem auf dem Holzweg befindlich hält.

Das wurde im Internet vergessen, in Talkshows, auf der Straße und seit einiger Zeit selbst in der großen Politik. Heute hat jeder die einzige Wahrheit gepachtet und alle anderen sind Fotzen und Hurensöhne - alles andere wäre political correctness, damit nicht authentisch und deshalb falsch. Außerdem herrscht hier immer noch Meinungsfreiheit, das wird man ja wohl sagen dürfen und wenn dir das nicht passt, entsorg dich doch nach Anatolien du Mainstream-Opfer (#mimimi).

Wenn wir mal ehrlich sind, hat doch bisher jede Generation ihren Nachfolgern mitgeben, dass sie zum baldigen Untergang verdammt sind, wenn sie nicht umgehend von ihrem schändlichen Treiben ablassen.

Die Propheten des alten Testaments warnten ebenso vor dem baldigen Ende aller Dinge, wie die Apokalyptiker des neuen. Die Römer sahen den Weltuntergang bei der Plünderung Roms kommen. Mehrere Pestwellen ließen die Menschen glauben, dies sei das Ende. Silvester 1000 steigerten sich die Menschen ebenso in apokalyptische Millenniumsängste hinein, wie tausend Jahre später auch. Während des kalten Krieges war der atomare Untergang des Planeten geradezu greifbar und mich lehrte man in der Schule, dass ich Waldsterben und Ozonloch nicht überleben würde.

Und?

Recht hatte damit bislang niemand. Sicherlich wäre es unsinnig bei so Dingen, wie Weltuntergängen, davon auszugehen, dass sowas nicht vorkommen kann, nur weil es noch nie passiert ist. Bei solchen Geschehnissen liegt die Einmaligkeit ihres Stattfindens ja gerade in der Natur der Sache. Hinzu kommt, dass ja in all diesen Beispielen mehr oder weniger sinnvolle Maßnahmen ergriffen wurden um sie zu vermeiden. Dennoch ist der Vergleich zu vergangenen Nicht-Weltuntergängen hilfreich, um sich zu erden und die Hysterie abzulegen.

Ja, auch ich glaube, dass wir uns auf einem fatalen Weg befinden. Ich glaube aber auch, dass wir das nur gemeinsam als Gesellschaft lösen können und eben nicht gegeneinander. Nicht mit anschreien, beleidigen, moralischer Selbstüberhöhung, sondern miteinander - gesellschaftlich. Und, um einfach mal ein wenig Distanz zum Thema reinzubringen, muss ich, wie so oft, darauf hinweisen, dass Menschen immer menschlich handeln. Der Vorwurf der Unmenschlichkeit ist immer falsch. Gewaltexzesse, ethnische Säuberungen, die Ausbeutung des Planeten und seiner Fauna; das alles ist, da es von Menschen betrieben wird, menschlich. Diese Dinge zu vermeiden, ist Kultur, künstlich - eben unmenschlich. Alles, was gerade auf Erden geschieht, geschieht in Folge der menschlichen Entwicklung. Der ist-Zustand unserer Globalgemeinschaft ist nichts weiter als die Gegenwart unserer Evolution. Das bedeutet ganz pragmatisch; entweder wir werden einen Weg finden im Einklang mit uns und der Welt zu leben oder uns eben, wie so viele Spezies vor uns, als evolutionäre Sackgasse entpuppen - nichts besonderes erstmal.

So komme ich zu der Überzeugung, dass die Lösung unserer Probleme darin besteht, erstmal unsere Weltuntergangshysterie abzulegen, und uns vom Pathos der einzigen, die die Wahrheit sehen, zu lösen. Wir sind alle Menschen. Niemand von uns ist böse. Kein Mensch, ob Nazi, Grünen-Politiker, Christsozialer, Firmenchef oder Lobbyist steht morgens auf und denkt sich „och, heute bin ich mal böse“. Jeder ist in seinem Weltbild irgendwie der Gute. Mancher aus Überzeugung, mancher mit Hilfe von vielviel Kokain, jeder schafft es sich einzureden das Richtige zu tun. Das scheint ein relevanter Bestandteil des Menschseins zu sein.

Wenn uns das klar wäre, wären wir auch nicht ohnmächtig. Tatsache ist, wir sind sehr wohl mächtig und das zeigt sich im offensichtlichen; warum geben sie sich so viel Mühe, uns zu manipulieren, damit wir uns gefällig verhalten? Weil sie es uns nicht befehlen können. Warum stecken große Konzerne so viel Geld in Werbung anstatt in die Tasche? Weil wir immer die freie Wahl haben. Warum müssen unsere Politiker uns ständig vorlügen es gut mit uns zu meinen? Weil sie schlussendlich eben doch nur durch unsere Gunst ihren privilegierten Posten innehaben. Jene dunklen Mächte, die uns regieren haben mehr Angst vor uns als wir vor ihnen und das einzige, was sie schützt ist, dass wir uns am liebsten selbst zerfleischen.

Es ist ein gewaltiger Denkfehler, der nur ihnen hilft, dass wir uns alle in der selben Ideologie treffen und sie geschlossen bekämpfen müssen um eine Chance zu haben. Es würde völlig reichen, einander nicht zu zerfleischen, nicht ständig übers Maul zu fahren und uns somit selbst zu zensieren. Wir müssten nur aufhören unsere „Gegner“ zu dämonisieren, zu Grundformen des Anstandes zurückkehren, gegenläufige Überzeugungen wieder zulassen, dann können wir uns alle wieder in der Mitte treffen. Ja, es passiert viel Scheiße, von vielen Dingen wird einem einfach nur schlecht, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird weder die Erde, noch die Menschheit in den nächsten Jahren untergehen.

Insofern kommt runter; lebt eure Überzeugungen aus aber pöbelt nicht ständig alle an, die sie nicht teilen. Wenn du das Unrecht, das Tieren für den Profit angetan wird, nicht erträgst, dann verzichte auf tierische Produkte. Damit kannst du Tieren helfen. Du hilfst ihnen aber nicht, wenn du Fleischfresser als Mörder bezeichnest und angreifst. Ganz im Gegenteil, hinderst du solche Menschen nur daran dich kennen zu wollen und damit daran, sich durch dein Beispiel inspirieren zu lassen.

Wenn du Angst vor dem Untergang der abendländischen oder gar der deutschen Kultur hast, dann befasse du dich doch mit ihr. Lies die deutschsprachigen Dichter und Denker. Gib dir Nietzsche, Wittgenstein und Kant, Schiller, Goethe und Lessing, befasse dich mit Dürer, der Entstehung deutschen Brauchtums, deutscher Architektur und Literatur, zeuge deutsche Kinder, lies ihnen die Märchen der Gebrüder Grimm vor, die Kinderbücher Erich Kästners, kultiviere deine Sprache, diversifiziere deinen Wortschatz, kurz; sei ein Leuchtturm deutscher Kultur und du wirst sie erhalten. Wenn du jedoch Bürgerwehren gründest, gegen Ausländer pöbelst und dich von einem deiner Ansicht nach unrettbar linksversifften System abkapselst, erreichst du bloß das Gegenteil. Kein Mensch mit Verstand will eine Kultur rumbrüllender, Fackeln und Fahnen schwenkender Schlägertypen erhalten.

Wenn du Sorge hast, dass die Welt am Müll zugrunde geht, dann produziere keinen Müll. Sei offen, ein Teil der Gesellschaft, lerne Menschen kennen und lebe ihnen einfach und ohne jede Selbstherrlichkeit vor, wie du Müll vermeidest und schon trägst du deinen Beitrag zu einer besseren Welt bei.

Wir sind alle Menschen. Wir haben alle Existenzängste, sind alle getrieben von unserer Sterblichkeit und versuchen alle auf unsere Art und Weise es irgendwie richtig zu machen. In welchen Narrativen und Geschichten sich unsere Ängste nun manifestieren ist Zufall. Die Angst von arabischen Familienclans beherrscht zu werden, wenn wir die massenhafte Einwanderung nicht in den Griff kriegen entspringt der selben menschlichen Wurzel, wie die Angst von faschistischen Schlägertrupps regiert zu werden, wenn wir den Rechtsruck nicht stoppen oder vor kommunistischen Terrorgeschwadern, wenn wir einem vermeintlich linkslastigen Mainstream die Deutungshoheit überlassen. Es sind alles Ausdrucksformen der Angst um unsere Freiheit, unsere Souveränität, nur verpackt in unterschiedliche Geschichten. Wenn wir das akzeptieren, uns von kontraproduktiven Begriffen, wie „Unmenschlichkeit“ distanzieren, einsehen, dass alles was Menschen tun menschlich ist und es mehr oder weniger Zufall ist, dass unsere Leben uns so, wie wir sind und nicht anders haben werden lassen, kurz; uns vom Schwarz und Weiß entfernen und nur noch Graustufen zulassen, dann ziehen wir schon hinreichend genug am gleichen Strang um es deutlich schwieriger zu machen, uns zu manipulieren, da es deutlich schwieriger ist, uns mit einfachen Triggern dazu zu bewegen, einander an die Gurgel zu gehen.

Diesen utopischen Zustand, den ich hiermit abschließend skizziert habe, nennt man im politischen Fachjargon übrigens „Demokratie“.

Danke sehr.

Schmutz für die Welt ✊🏽

(2019)

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